Schüler oder Studenten kritisieren den Apartheid-Staat Israel und schnell versucht man seitens der Lehrenden dem ein Riegel vorzuschieben und die Kritik – mit allen Mitteln – im Keim zu ersticken. So geschehen in meinem Selbstversuch an einer deutschen Universität.
Ich hatte schon früher negative Erfahrungen gemacht mit Lehrern an Realschulen, jedoch auch positive in einem Berufskolleg. Dieses mal aber war alles anders. Dieses mal galt es wissenschaftlich und argumentativ zu arbeiten, mit Quellen, Beispielen, Zahlen und Fakten. Aber all das wird wertlos, wenn die Dozentin ein Mittel verwendet, das es gar nicht zulässt Argumente zu bringen, nämlich: ständige Einwände und Unterbrechungen.
Es begann bereits in der Gliederung meiner Präsentation zum Israel-Palästina-Konflikt. Schon fragte sie: „Was ist deine Intention? Warum hast du das so gemacht?“ Natürlich wurde mir schnell klar, dass sie diese Fragen nur stellt, um mich zu verunsichern. Ich antwortete, soweit ich konnte, und fuhr fort. Anfangs habe ich u. a. Begriffe wie „Antisemitismus“ und „Zionismus“ aufgeführt und erklärt, da ich sie kritisch reflektieren wollte – ja: wollte. Es sollte aber alles nicht sein. Ohne hier mein Referat vollständig darzulegen, schildere ich einige Schlüsselmomente.
Da die Dozentin in einer Vorbesprechung mir riet, das „antisemitische Gedicht“ von Günter Grass „Was gesagt werden muss“ in das Referat einzubinden, tat ich dies auch und machte die Diskussion darüber zum Bestandteil des Referats. Bis auf wenige Meldungen gab es nur eine Person, die Kritik an dem Gedicht ausübte, nämlich die Dozentin selbst. Mit Sprüchen wie „Grass, der alte Nazi“ oder „damals in der Antike hat man das auch so gesagt, darum ist es antisemitisch“ versuchte sie, ihre Argumentation glaubwürdig zu machen. Wobei die Antike je nach Quelle weit über 2000 Jahre her ist und man diese Zeit kaum auf die heutige pauschal übertragen kann. Ich enthielt mich jedoch bewusst der Diskussion, da ich meine Ansichten erst darlegen wollte, nachdem das Gedicht (von ihr) abgearbeitet wurde.
Schließlich, nachdem die Dozentin im Alleingang alle Zeilen des Gedichtes scheinbar „erfolgreich entschlüsselt“ hatte, öffnete ich meine nächsten Folien. Eine davon beinhaltete ein Zitat von Frau Evelyn Hecht-Galinski, deren Vater Holocaust-Überlebender und erster Präsident des Zentralrats der Juden war. Sie sagte in Bezug auf das Gedicht von Günter Grass:
„Wollen wir Israels Sicherheit als Staatsräson, wenn es Angriffskriege und Präventivschläge plant – alles natürlich im Namen der Selbstverteidigung? Israel – dank auch unserer und der US-Hilfe bis an die Zähne bewaffnet – ein Atomstaat, der den Weltfrieden bedroht. […] Israel, der jüdische Staat, instrumentalisiert den Begriff des Holocaust aufs Schändlichste und schämt sich nicht, im Angedenken der ermordeten Juden, alle Juden für seine Zwecke zu missbrauchen.“
Auch das musste gesagt werden. Plötzlich wurde es nach einigen Zitaten totenstill im Raum, als ich erklärte, wer diese Person sei. Die Dozentin versuchte natürlich alles zu relativieren und das auf einem unwürdigen Niveau „Sie hat ja eigentlich nichts Großes gesagt, diese – Frau – da.“ Mit einem Unterton, der sich über das Aussehen von Frau Hecht-Galinski lustig machte (ich hatte ein Foto von ihr eingefügt). Woraufhin ich nur fragte: „Geht’s noch?“ Sie verstand meinen Einwand und hörte auch damit auf.
Ich fuhr fort und versuchte, Beispiele aus den westlichen Medien zu nennen, in denen über Israel kritisch berichtet wurde und mit denen deutlich wird, dass diese Abneigung gegenüber dem israelischen Staat allein durch sein menschenfeindliches Verhalten geschürt wird. Und wieder Zwischenfragen: „Woher haben Sie das?“ Und ich darauf: „Euro News, etc.“ Dann folgte noch ein weiteres Video. Und bevor ich klicken konnte, sagt sie zu mir: „Keine Videos mehr!“ Ich fragte nach dem Grund, aber sie nannte mir keinen plausiblen. Daraufhin sagte ich, dass es zum Referat gehört und ich jetzt fortfahre. Tatsächlich versuchte sie jede Folie, in manchen Fällen sogar jeden einzelnen Satz von mir, irgendwie zu blockieren oder zu kritisieren.
Doch was geschah dann? Die Zeit war um! 90 Minuten Präsentation. Man könnte denken, es geht jetzt endlich los, doch falsch gedacht. All die Zwischenrufe und Blockaden haben dazu geführt, dass ich nur etwa 50% meines Referats vortragen konnte. Dabei habe ich mich wirklich kurz gehalten, inklusive der reinen Bilder-Folien hatte ich ca. 25 Folien. Wer geübt in Präsentationen ist, weiß, dass man das locker in unter einer Stunde schafft.
Ich gebe zu, dass ich mit so einem Verhalten von ihr gerechnet habe, da es während eines anderen Referats zum Thema „11. September“ ähnlich ablief und keinerlei Kritik an der 9/11-Version von der Bush-Administration ernsthaft zugelassen wurde. Aber das ich gerade mal die Hälfte schaffen würde, hätte ich nicht gedacht.
Über die Proteste in Deutschland oder die Folgen des Krieges 2014, welche Kern des Referats waren, konnte ich gar nicht erst sprechen. Objektiv betrachtet hat sie mich daran gehindert zu sprechen und scheinbar „gewonnen“. Aber ist das wirklich ein Sieg, jemanden nicht sprechen zu lassen, mit der Angst, er könnte den Studenten etwas erzählen, was sie zum Nachdenken anregt? Wird man nicht gerade solchen Personen später vorwerfen, einen kolonialistischen Apartheid-Staat unterstützt zu haben? Werden nach der Auflösung des Staates Israel sich nicht einige Schüler und Studenten bei solchen Lehrkräften melden und fragen, „was das damals sollte“? Ist diesen Personen eigentlich bewusst, was sie damit anderen und besonders sich selbst antun?
Auch wenn man so behandelt wird, ist es ratsam und wichtig ruhig zu bleiben und sich nicht auf die Provokationen emotional einzulassen. Solche Erlebnisse wird man nicht zum Letzten mal erleben. Darum nahm ich auch an der Veranstaltung in der danach folgenden Woche teil. Die Geschichte geht also weiter.
Die gute Frau Dozentin wollte meine Präsentation nicht ganz so stehen lassen und noch mal ihre Sicht der Dinge erklären. Ich dachte da nur: „Sie hat sich ja auch wirklich sehr zurückgehalten bei meinem Referat.“ Aber gut, ich hörte ihrer „wissenschaftlichen“ Präsentation zu, in der sie ausschließlich Bilder und Karikaturen zeigte. Aber sie zeigte auch solche, die tatsächlich judenfeindlich waren, und zwar von Demonstrationen in Deutschland. Das ist ja auch wichtig und richtig das anzusprechen. Es gibt leider viel zu viele Menschen – auch Muslime –, die das Judentum verteufeln und nicht unterscheiden können zwischen Israel und dem Judentum. Auch das muss sich ändern!
Danach folgten weitere schein-„antisemitische“ Karikaturen, wo sie wieder mit der Antike argumentierte. Aber als sie es kritisierte, dass man auf Pro-Palästina-Demonstrationen tote palästinensische Kinder auf Plakaten zeigt und das Israel ein „Kindermörder“ sei, musste ich mich dann doch melden und erwähnen, dass Israel tatsächlich sehr viele Kinder töte. Allein das die Mehrheit der Bevölkerung von Gaza unter 24 Jahre ist, ist ein Indiz dafür, dass viele Kinder und Jugendliche getötet werden:
0-14 years: 42.75% (male 410,599/female 388,473)
15-24 years: 20.34% (male 194,798/female 185,295)
25-54 years: 30.66% (male 293,556/female 279,471)
55-64 years: 3.59% (male 33,843/female 33,198)
65 years and over: 2.67% (male 20,667/female 29,155)
(2015 est.)
Auch da fragte sie mich wieder: „Woher haben Sie das?“
„Von der CIA!“, antwortete ich.
Plötzlich greift mein Sitznachbar (den ich nicht kannte) ein und rief laut: „Kannst du mal endlich die Schnauze halten?!“
Stille im Seminar. Ich war völlig überrascht und blieb aber ruhig, verteidigte mein Argument. Die Dozentin fuhr einfach fort, als wäre nichts gewesen. Ich dachte mir innerlich: „So läuft es also. Man soll bloß die Schnauze halten, wenn Israel Zivilisten tötet.“
Daraufhin antwortete ich dem „Kommilitonen“ mit normaler Stimme also so, dass man es auch deutlich hört: „Niemals werde ich den Mund halten, wenn es um Israel geht, da kannst auch DU nichts dagegen tun!“
Es ist eines von vielen Erlebnissen. Es gibt Universitäten, in denen es so läuft, aber es gibt auch kritische Dozenten, die nicht alles dem Mainstream nachplappern und die den Studenten viel Nützliches zum Thema lehren. Von daher sollte man Unis nicht pauschal verurteilen und darum nenne ich auch nicht die Uni, an der dieser Vorfall sich ereignete. Vielmehr sollten wir uns alle gemeinsam überlegen, ob diese „Halt die Schnauze“-Kultur der richtige Weg ist und ob das die Zukunft für eine friedliche und von Dialog geprägte Welt sein soll. Wenn man ehrlich ist, kann es nicht so weiter gehen und darum sollten wir uns weiter für die Unterdrückten einsetzen, wo wir nur können! Uns geht es hier sehr gut und wir haben die Kraft und die Möglichkeiten, dies zu tun. Es gibt keine Ausreden.
Eine Note habe ich für diesen freiwilligen Selbstversuch nicht bekommen. Ich habe darauf verzichtet von so einer Dozentin bewertet zu werden. Jetzt im Nachhinein bin ich auch nicht wirklich sauer auf solche Personen. Das Mitleid überwiegt, denn sie haben durch ihre Realitätsverweigerung mehr verloren als ich und sie haben sich scheinbar bewusst oder unbewusst dazu entschieden auf der Seite der Tyrannen und Unterdrücker zu stehen.
Wofür ich Gott dankbar bin, ist der Einblick in diese „Kultur“, die an deutschen Universitäten teilweise gelebt wird, und es hängt von uns allen ab, etwas dafür zu tun, dass sie sich ändert. Denn sie muss sich definitiv ändern und das wird sie auch – so Gott will.