Amina, neun Jahre alt, trägt seit wenigen Monaten Kopftuch und ist sehr stolz darauf, weil sie sich nun erwachsen fühlt. Sie hat angefangen, etwas längere Sachen zu tragen und auch keine Jungs mehr zu berühren. Eines Tages fragte Amina ihre Mutter: „Mama, Nagellack ist gerade richtig „in“ in der Schule. Darf ich mir auch die Nägel rosa lackieren?“ Ihre Mutter antwortete streng und ohne jede Erklärung: „Nein, natürlich nicht. Das ist doch haram!“
Amina war sehr traurig und enttäuscht, denn sie fand das immer sehr schön bei ihren Klassenkameradinnen.
Einige Tage später zeigte Aminas Schulfreundin Luisa der Klasse stolz ihren neuesten glitzer-rosa Nagellack. Als Luisa bemerkte, dass Amina keine Farbe auf den Nägeln trug, fragte sie: „Soll ich dir mal die Nägel lackieren?“ Amina überlegte kurz, war aber so aufgeregt und froh, dass sie schnell „Ja, gerne“ rief. Als sie nach Schulschluss mit lackierten Nägeln nach Hause kam, sah ihre Mutter das, schlug Amina mit Latschen auf die Finger und schrie dabei: „Ich habe doch gesagt, das ist haram! Wie kannst du es nur wagen, mich zu hintergehen?“ Amina schluchzte vor Schmerz und Trauer und lief weinend in ihr Zimmer.
Dies ist nur ein Beispiel einer Situation, das man aber auf viele weitere übertragen kann. Was ist hier falsch gelaufen? Was kann man besser und schöner für Mutter und Kind gestalten?
Nagellack ist ein zusätzlicher Schmuck an der Frau, der außerhalb des Hauses nicht präsentiert werden darf. Als Amina ihre Mutter das erste Mal danach gefragt hatte, hätte diese ihre Finger einfach mit etwas Nagellack lackieren können, sodass dieses Bedürfnis bei Amina auf erlaubte Weise gestillt wird. Anschließend könnte sie Amina erklären, dass sie Nagellack draußen nicht tragen darf, weil „da viele Jungs deine hübschen Nägel sehen könnten, aber das sollen sie nicht, damit sie sich nicht in dich verlieben.“
So würde Amina das Gefühl bekommen, dass der Nagellack etwas ganz Besonderes ist, den sie nur zu Hause tragen will, damit es immer etwas Besonderes bleibt.
Und Amina hätte auch nicht etwas hinter dem Rücken der Eltern tun müssen. Auf diese Art und Weise lernt sie, ihren Eltern zu vertrauen, da sie weiß, dass ihre Eltern sie nicht ausschimpfen oder gar schlagen, sondern ihr eine alternative Lösung bieten können, an der sie auch Freude empfindet.
Also liebe Eltern, hört euren Kindern gut zu, versucht ihnen mit Liebe andere spaßige Lösungen zu bieten und ihnen zu vertrauen. Und vor allem, erklärt ihnen, dass es Dinge gibt, die außerhalb des privaten Bereichs verboten, und im privaten Bereich erlaubt sind, und versucht ihnen hierfür eine logische Erklärung zu geben. Gebt ihnen nicht das Gefühl, dass alles verboten sei. Die Kinder sollen ihre religiösen Grenzen kennenlernen. Eltern sind für ihre Kinder zuständig und tragen eine große Verantwortung. Dazu gehört auch der Schutz vor Übertretung der religiösen Gebote durch Hinweise und Erklärungen.
Das nächste Thema, auf das ich eingehen möchte, ist das Schlagen. Dazu wurde auch eine Frage an Imam Chamene’i geschickt, die er wie folgt beantwortete:
Frage: Wenn die Eltern regelmäßig dem Kind ins Gesicht schlagen, oder auf ein anderes Körperteil, angenommen, (dass es stark genug ist), dass es einen roten Abdruck der Hand hinterlässt, kann das Kind dann Diyyah (Blutgeld) verlangen?
Antwort: Das Schlagen und jegliche Art von disziplinarischen Handlungen, welche zu einem roten Abdruck führen, sind verboten und erfordern das Zahlen von Diyyah (Blutgeld).
Eltern schlagen ihre Kinder entweder aus Unwissenheit oder in unbeherrschter Verzweiflung und Wut. Beides ist selbstverständlich verboten! Mit Gewalt kommt man bei niemandem weiter. Ein Kind, das ständig geschlagen wird, baut eine gewisse Resistenz auf, vielleicht wird es dann sogar trotziger. Natürlich tut es noch weh, doch das Kind wird langsam hartherziger und es ist irgendwann nicht mehr traurig, sondern nur noch trotzig und wütend.
Es bekommt aber dadurch gleichzeitig vermittelt, dass Schlagen eine Lösung sei, und fängt möglicherweise auch an, andere Kinder zu schlagen, wenn es mit ihnen unzufrieden ist.
Hingegen bewirken Worte das genaue Gegenteil: Nimmt man das Kind in den Arm und spricht in ruhigem und vielleicht sogar leisem Ton mit ihm, erklärt ihm, warum man gerade aufgeregt ist, oder was es falsch gemacht hat, so kann sich das Herz des Kindes beruhigen, und es lernt, seine Fehler zu verstehen und mit anderen ebenfalls so umzugehen.
Liebe Eltern, seid euren Kindern ein Vorbild. Seid ihnen bester Freund, beste Freundin, der sie vertrauen, und seid ihnen Eltern, die sie mit Freude und Liebe respektieren!