Wenn wir eine islamische Veranstaltung planen, suchen wir nach geeigneten Rednern oder Trauersängern. Dabei achten wir auf den attraktiven Vortragsstil, die schöne Stimme und den berühmten Namen, lassen aber viel zu oft das wichtigste Kriterium unter den Tisch fallen: die ideologische Eignung.
Es geht eine große Verantwortung damit einher, jemanden einzuladen. Wir wollen einen Vortragenden, der uns bildet und weiterbringt, einen Trauersänger, der uns im lebendigen Islam mitreißt. Wir wollen die Teilnehmer unserer Veranstaltung nicht jemandem ausliefern, der uns zurückwirft, geschweige denn einem Heuchler. Sind wir uns darüber im Klaren, dass ein schädlicher Auftritt von uns als Einladende verantwortet werden muss? In vielen Gemeinden fehlt dieses Bewusstsein. Folgende drei Beispiele – allesamt tatsächliche Vorkommnisse der letzten Jahre in Deutschland – stehen stellvertretend für diesen Missstand.
Erster Vorfall. Ein Gelehrter besuchte eine junge Gemeinde und unterbreitete ihnen ein Angebot: Er vertrete eine Gruppe von Gelehrten in Deutschland, die kostenfrei Vorträge oder Klagereden hielten, sogar die Fahrtkosten brauche die Gemeinde nicht zu tragen. Einzige Bedingung sei, dass ein gewisser anderer Gelehrter, der zu sehr eine Wilaya-Ideologie verbreite – gemeint war die Wilaya von Imam Chamenei – von der Gemeinde nicht mehr eingeladen werden dürfe.
Er machte keinen Hehl aus seiner Absicht. Gott sei Dank besaß die Gemeinde eine kompetente Führung und lehnte das Angebot ab, erteilte dem Gelehrten ein Hausverbot. Aber anderenorts hausiert diese Gelehrtengruppe in unseren Gemeinden, hält Vortragsreihen im Muharram, ihre kostenlosen Dienste werden gerne in Anspruch genommen.
Zweiter Vorfall. Zu einer deutschsprachigen Veranstaltung wurde eine Gruppe junger Sänger eingeladen. Sie sollten ihre Trauerlieder vortragen. Das taten sie, aber gaben sich damit nicht zufrieden. Nach ihrem Auftritt verließen sie die Bühne nicht, sondern hielten unaufgefordert einen Kurzvortrag über Gelehrte, in dem sie Imam Chamenei und die Islamische Republik in dreisten Worten herabwürdigten.
Alhamdulillah wies der Hauptredner der Veranstaltung anschließend ihre Worte zurück. Anderenorts widersprach derselben Gruppe niemand. Heute ist sie unter Schiiten als Skandalgruppe bekannt, die wertvolle Ressourcen bindet, weil man über sie aufklären muss.
Dritter Vorfall. Ein international berühmter Latmiyyasänger wurde von einer libanesischen Gemeinde eingeladen. Er war für seine Fitna-Latmiyya bekannt, für seine antirevolutionäre Haltung. Leider stiftete er in der Gemeinde viel Verwirrung und hinterließ einen Scherbenhaufen. Später lud eine andere libanesische Gemeinde denselben Mann ein, obwohl sie über ihn informiert wurde.
Wie man als Zuhörer einem offenkundigen Heuchler in Gelehrtenkleidung begegnet, beschrieben wir hier. Als Veranstalter ist es aber selbstverständlich, dass wir uns über Einzuladende informieren. Dazu kontaktieren wir Geschwister, denen wir vertrauen, holen uns im Zweifelsfall mehrere Meinungen ein. Und falls die Person nicht geeignet ist, verzichten wir auf sie. Ganz gleich wie berühmt, beliebt oder kostengünstig sie ist.
Bisher benebelt uns der Irrtum, Hauptsache der Einzuladende sei ein erfahrener schiitischer Redner. Wenn man aber mit offenen Augen die Strömungen in Deutschland und weltweit beobachtet, wird man feststellen, dass Redner und Klagesänger ein Einfallstor für irrige Ideologien sein können. Wenn wir sie einladen und sie dann unsere Jugend fehlleiten, tragen wir selbst die Schuld daran, vor den Menschen und vor Gott. Selbst wenn unsere lokale Jugend gefestigt ist, fördern wir mit solchen Einladungen die Irreleitung anderer. Denn besagte Redner können dann unsere Veranstaltung als ihre Referenz angeben – und das tun sie. Solange wir aber achtsam mit unseren Möglichkeiten umgehen, werden wir diesen Missbrauch eindämmen können, inschallah.