Heute vor 32 Jahren, am 16. Februar 1984, wurde der erst 32 Jahre alte Scheich Raghib Harb zum Märtyrer. Erschossen von einem zionistischen Auftragskiller. Scheich Raghib gilt als Symbol des einfachen Lebens und starken Widerstands. Wer war Scheich Raghib?
Scheich Raghib ist 1952 in eine religiöse Familie im Dorf Dschibschit geboren. Nach Abschluss seiner Grundschule in Dschibschit zog er in die nahegelegene Stadt Nabatiya, um eine weiterführende Schule zu besuchen, und begann anschließend, an der religiösen Hochschule zu studieren. Mit siebzehn Jahren zog er in die libanesische Hauptstadt Beirut und nahm am Unterricht hoher Geistlicher teil. Zur Vervollständigung seiner religiösen Ausbildung ging er nach Nadschaf (Irak). Im Irak war er Schüler von Märtyrer Ayatullah Muhammad Baqir Sadr. Scheich Raghib bewunderte seinen Lehrer so sehr, dass er ihn „unsere Träume“ nannte.
1974 beendete er seine religiösen Studien und kehrte als Geistlicher zurück in sein Heimatdorf. Innerhalb kürzester Zeit sammelte er viele Jugendliche um sich und bildete sie religiös aus, organisierte sie. Er rief beispielsweise dazu auf, dass die Gläubigen sich zum Freitagsgebet versammelten. Ein Zeitzeuge berichtete:
Es gab Zeiten, da waren wir nicht genug Gläubige, um ein gültiges Freitagsgebet zu verrichten. Scheich Raghib ließ einen rufen, der gerade auf seinem Arbeitsplatz war. Scheich Raghib bestand so stark darauf, dass dieser einen Tag freinahm, um an dem Freitagsgebet teilzunehmen.
Diese Entschlossenheit von Scheich Raghib führte dazu, dass sich im gesamten Dorf eine Kultur etablierte, in der kein Freitagsgebet ausgelassen wurde. Auch das Du’a Kumail, welches am Abend des Donnerstag verlesen wird, wurde so zum festen religiösen Programm in Dschibschit. Die Nachbardörfer etablierten, motiviert durch Scheich Raghib, ebenfalls das Freitagsgebet und das Du’a Kumail.
Um auch benachbarte Dörfer in seine Arbeit einbinden zu können, gründete er die Schule „Sayyida Zaynab“. Zudem gründete er den Wohlfahrtsverband „Kasse der Muslime“, der Spenden sammelte, um damit Bedürftige zu unterstützen, da der Staat keine hinreichende Unterstützung gewährleisten konnte. Mit diesen Geldern gründete er auch zwei Grundschulen für die arme Bevölkerung. Sein Haus wurde zu einem Waisenhaus. Er zog mit seiner Familie in das kleinste Zimmer und richtete die übrigen Zimmer als Unterkunft für Waisenkinder ein.
Mit dem Sieg der Islamischen Revolution im Iran engagierte sich Scheich Raghib zunehmend, um Imam Chomeinis Ansehen im Libanon zu steigern. Als die Zeit der zionistischen Besatzung mit unzähligen libanesischen Märtyrern und Waisenkindern begann, gründetet er 1982 die Stiftung für Märtyrer.
Als die Zionisten im Juni 1980 in Dschibschit einfielen, befand sich Scheich Raghib auf einer Konferenz in der Islamischen Republik Iran. Er brach seinen Aufenthalt im Iran ab und kehrte sofort zurück nach Dschibschit. Dort leitete er die zersplitterten Gruppen des Widerstandes gegen die Invasion der Zionisten und führte sie zusammen. Durch seine Koordination wurde aus Einzelkämpfern eine schlagkräftige Widerstandsgruppe, die den zionistischen Invasoren große Schäden zufügte.
Die zionistischen Besatzer hatten mehrfach versucht, Kontakt aufzunehmen, um mit ihm einen Kompromiss einzugehen. Er weigerte sich jedoch strikt. Eines Tages kam ein zionistischer General samt Gefolgschaft zu Scheich Raghib. Als Scheich Raghib sie kommen sah, schrie er sie an, zurückzubleiben. Der General sagte: „Wir wollen nur mit Ihnen verhandeln“. Scheich Raghib sagte: „Ich verhandele nicht mit Besatzern“, sodass der General enttäuscht abzog. Eine Scheich Raghibs berühmten Aussagen war:
Ein fester Standpunkt ist eine Waffe, ein Kompromiss wäre ein Zugeständnis.
Daraufhin wurde sein Haus immer wieder von den Besatzungssoldaten durchsucht. Im Dezember 1982 stürmten sie es, um ihn festzunehmen, aber sie fanden ihn nicht vor.
Am 8. März 1983 wurde er dann von einem Spezialkommando der zionistischen Besatzer verhaftet und ins Gefangenenlager Ansar verschleppt. Im Gefangenenlager Ansar versammelte er die Insassen (insgesamt sechstausend) und organisierte einen Aufstand, sodass sich die Zionisten gezwungen sahen, die Aufseher auf dreitausend Mann aufzustocken. Nach massiven Protesten seiner Anhänger in Dschibschit und den Nachbardörfern sahen sich die Zionisten gezwungen, ihn wieder freizulassen.
Nach seiner Freilassung wurde er Tag und Nacht beschattet. Er musste täglich sein Quartier wechseln und geheim halten. Ein Zeitzeuge berichtete, dass er Scheich Raghib verwundert fragte: „Du sprichst immer davon, keine Angst vor dem Martyrium zu haben. Weshalb versteckst du dich ständig?“ Scheich Raghib soll geantwortet haben: „Martyrium bedeutet nicht, dass man sich ergeben soll. Jeder Tag, den ich länger lebe, bereite ich den Zionisten mehr Kummer.“
Anfang des Jahres 1984 besuchte er Imam Chomeini im Iran. Der Imam empfing ihn und schenkte ihm sein Umhang [aba]. Scheich Raghib küsste dem Imam auf die Stirn und sagte zu ihm: „Betet, dass ich den Märtyrertod sterbe„. Der Imam lächelte und streichte mit seiner Hand über das Gesicht von Scheich Raghib.
Am Donnerstagabend, den 15. Februar 1984, rezitierte Scheich Raghib das Du’a Kumail in der Moschee. Anschließend beriet er sich bis zum Morgengebet des Freitags, den 16. Februar 1984, mit seinen Anhängern. Auf dem nach Hause weg wurde er von einem Agenten der zionistischen Besatzer erschossen. Bei seinem Märtyrertod hatte er den Umhang [aba] von Imam Chomeini an.

Aufgrund seiner Erfolge in der Koordination des Widerstandes gegen die zionistischen Besatzer gilt er als einer der Gründer der Hizbullah, selbst wenn die Organisation damals noch keine klaren Strukturen besaß. Aufgrund seines Einsatzes wurde eine ganze Generation von Widerstandskämpfern herangezogen, welche die zionistischen Besatzer aus dem Libanon vertrieb.