Huddschat-ul-Islam wa-l-Muslimin Scheich Schahabadi, ehemaliger Gelehrter am IZH und Enkel des bekannten Ayatullah Mirza Schahabadi, schrieb 2014 einen Kurzartikel über die Lage des Iran und des Irak im Vergleich. Leider ist der Artikel nach wie vor hochaktuell. Es folgt die deutsche Fassung, übersetzt aus dem Persischen von Ali Amirli:
Ein bekannter Lehrer der Hauza überlieferte (sinngemäß) eine Erinnerung von Ayatullah Wahid Chorassani:
„Ich nahm als einer der Schüler an einer Versammlung von Ayatullah al-Hakim teil. Damals war er (Ayatullah Hakim) als der Mardscha der gesamten schiitischen Welt bekannt. So waren auch Imam Chomeini und andere Gelehrte der ersten Reihe anwesend. Imam Chomeini fragte in dieser Sitzung Ayatullah Hakim: ‚Befürworten Sie denn nicht die allgemeine Wilaya des Faqihs?‘
‚Doch, ich bin von ihr überzeugt‘, antwortete Ayatullah Hakim.
Sofort erwiderte Imam Chomeini: ‚Weshalb revoltieren Sie dann nicht und übernehmen die Regierung im Irak?‘
Ayatullah Hakim senkte den Kopf und nach einigen Momenten antwortete er: ‚Ich kann die Antwort für das Blut, dass vergossen werden würde, nicht geben.‘
Imam Chomeini antwortete: ‚Ich aber habe genau dafür einen Plan für den Iran.‘“
Dieser Dialog fand vor über fünfzig Jahren statt. Nach einem halben Jahrhundert können wir nun aus einer historischen Vogelperspektive über die Ergebnisse beider Denkweisen sprechen.
Die Situation des Irak: Ein halbes Jahrhundert der Armut, der Zerstörung, der Unsicherheit und der allgemeinen Demütigung musste das Land erfahren. Mit den Diktatoren, Usurpatoren und Terroristen musste und muss es leben. Abertausende starben unter Saddam und abertausende starben nach ihm bis heute. Millionen von Menschen starben und die Zahl steigt immer weiter. Die Gelehrten wurden massakriert, gefoltert und hingerichtet. Die Hauza von Nadschaf wurde unterdrückt und der Zugang zu ihr und nach Karbala wurde abgeschnitten. Die Schulen, Universitäten, Museen und Kulturerben wurden beraubt oder zerstört. Nach der US-Besatzung etablierte sich immer noch keine Sicherheit und heute ist es wieder einmal zum Schlachtfeld gegen die Terroristen geworden.
Die Situation des Iran: Der Iran erfuhr die großartige islamische Revolution. Die Flagge der Religion wurde erhoben. Die Imperialisten und Unterdrücker des Landes wurden hinausgeworfen. Der Iran erfreut sich dem Fortschritt in Wissenschaften verschiedenster Bereiche. Das Land weitete den schiitischen Einfluss auf die gesamte Welt aus und es entstand eine Oase der Schia und Unterstützung für die gesamte Region, sei es Libanon, Afghanistan, Syrien oder Irak. Aber auch den Kampf gegen die Tyrannen, Bathisten und andere Schwierigkeiten musste der Iran erfahren.
Ein kurzer Vergleich beider Länder zeigt uns die eindeutigen Ergebnisse beider Methoden, beider Wege. Herr Mehdi Karroubi (iranischer Historiker, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Aktivisten der antirevolutionären „Grünen“) meinte, dass die Anzahl der Märtyrer des Irans höchstens 120.000 Personen beträgt. Andere Quellen reden von einer Höchstzahl von 180.000. Gemeint ist jeweils die Anzahl aller Märtyrer seit der islamischen Revolutionsbewegung: die Märtyrer des Kriegs der heiligen Verteidigung gegen das Regime Saddams und jener der Revolution und der folgenden Anschläge zusammengerechnet. Auch wenn wir diese Höchstzahl von 180.000 akzeptieren, so ist sie in keiner Weise vergleichbar mit den Verlusten des Iraks. Zudem führen die Toten im Irak zu keinem (revolutionären) Ziel, wohingegen die Toten des Irans zu einem international fähigen Staat geführt haben, der in der gesamten Region, wenn nicht der gesamten Welt, Einfluss gewinnt.
Auch die Schiiten im Irak wurden und werden durch den Iran unterstützt. Abgesehen von der Unterstützung seitens des iranischen Nachrichtendienstes und der Unterstützung der schiitischen Regierung wurden die Schreine von Samara und Karbala dank iranischer Förderung wiederaufgebaut oder erweitert. Das Zeltlager von Imam Hussein (a.) wurde neu aufgebaut, genauso wie der Haram neu gebaut wurde, auch der Hügel von Zaynab (a.) wurde erst neulich gebaut.
Der Unterschied der Sichtweise auf den Islam von Imam Chomeini und anderen wird genau in diesem Punkt ersichtlich. Wenn Großayatullah Hakim damals nicht davor zurückgeschreckt wäre, den Kampf und das Blutvergießen aufzunehmen, und wenn andere nicht der Meinung wären, dass man die Religion von der Politik zu trennen habe, dann hätten wir die Ergebnisse heute mit eigenen Augen sehen können.
Ein anderes Beispiel: Nach Amerikas Kampf gegen Saddam und dessen Sturz wurde Karbala befreit. Nun gab es immer wieder Besucher in Karbala und an Arba’in liefen die Menschen zu Fuß Richtung Karbala. 10 bis 15 Millionen versammelten sich jedes Jahr in Karbala. Doch diese große Menschenmenge, die sich versammelte und die auf den Straßen ihre Liebe, ihre Emotionen, ihre Verbundenheit zu Imam Hussein (a.) demonstrierte – wohin führte sie und welchen Nutzen hatte sie für die Schiiten der Welt? Ist es möglich, dass diese Demonstrationen der schiitischen Welt nichts genutzt haben und nach ein paar Monaten ein paar Tausend nun durch den Verrat einiger vor den Toren Bagdads stehen und Karbala bedrohen, Frauen und Kinder zerstückeln und morden?!
Der Unterschied des Verständnisses des Islam von Imam Chomeini (r.) und den anderen ist genau dieser. Auch wenn der Iran seine eigenen Probleme erfahren durfte, so sind diese mit den übrigen Beschwernissen in der Region nicht zu vergleichen. Hieran wird uns deutlich: Wenn die Politik und Regierung vom Islam getrennt wird, erleiden wir genau das, was der Prophet in Mekka durch die Kuffar erlitten hat. Dann erleiden wir Karbala, dann erleiden wir Irak.