Was ist eigentlich so besonders am Brief Imam Chamene’is?

Sowohl der erste als auch der zweite Brief Imam Chamene’is an die Jugend in Europa und Nordamerika (kurz: im Westen) wurden als epochal und erdbebengleich bezeichnet. Es gibt meiner Meinung nach mehrere Aspekte des Briefs, die so zu bezeichnen sind. Insbesondere einer dieser Gründe macht den Brief Imam Chamene’is für die gesamte Gesellschaft im Westen (und nicht nur für diejenigen, die ohnehin bereits Anhänger Imam Chamene’is sind) hochrelevant und lesenswert.

Und was genau soll das sein? Schließlich steht in diesen Briefen doch kaum etwas, was nicht in der einen oder anderen Form bereits irgendwo von irgendwem gesagt wurde, oder?

Die Antwort ist ein zweifaches Nein.

Erstes Nein: Der erste Haken an dieser Frage ist, dass die Inhalte, die unser Imam uns schreibt, vom Autor des Briefs getrennt betrachtet werden. Klar: Tagtäglich veröffentlichen Tausende und Millionen von Menschen Statements, Kommentare, Briefe, Artikel und was es nicht alles gibt zu ähnlichen Themen, wie sie der Imam im Brief anspricht. Die einen schreiben oft Gehaltvolles, die anderen oft nur das Gegenteil. Die einen sind gefragte Experten, die meistens gute Antworten auf aktuelle Fragen geben, die anderen landen bestenfalls mal einen Glückstreffer.

Wenn aber Imam Chamene’i spricht, hängen ihm Größen wie Sayyid Hassan Nasrullah, aber auch alle möglichen westlichen, östlichen und zionistischen Analysten an den Lippen, um daraus ihre jeweils eigenen Erkenntnisse zu ziehen. Einer der Gründe dafür ist sicher, dass sich Imam Chamene’i in allen seinen Reden, Schreiben, Analysen, Prognosen und Aussagen, die meine Wenigkeit von ihm lesen und hören durfte, meines Wissens nach nicht ein einziges Mal geirrt hat. Er war es, der Sayyid Abbas al-Musawi mit prophetischer Voraussicht das Scheitern Israels bei seiner Besatzung im Libanon vorhergesagt hat (die dann 2000 endete). Er war es, der Gaddafi in Libyen und die Muslimbrüder während des Islamischen Erwachens in Ägypten vor einem Vertrauen auf die USA gewarnt hat (und die leider nicht auf ihn gehört haben). Er hat das Scheitern der völkerrechtswidrigen Sanktionspolitik des Westens angekündigt, als man sich in Washington und Tel Aviv noch damit rühmte, die Islamische Republik angeblich geknebelt zu haben und, und, und. Übrigens ist es auch er, der im September dieses Jahres Israels Ende als rassistischer Apartheidsstaat in spätestens 25 Jahren angekündigt hat. Das erste Nein lautet entsprechend: Nein, es ist nicht dasselbe, wenn irgendwer besonders Intellektuelles etwas sagt oder Imam Chamene’i.

Zweites Nein: Insbesondere der zweite Brief enthält eine Botschaft, die bisher nie in dieser Form an die Jugend im Westen von einer islamischen Größe gerichtet wurde und die zugleich auch für seine Anhänger eine Aufforderung ist. Der Imam hat, und das haben seine glühenden Anhänger hierzulande mit Augenreiben wahrgenommen, in der Jugend im Westen etwas erkannt, was bisher niemand zuvor in Deutschland und schon gar nicht in der Islamischen Welt in der Form gesehen oder angesprochen hat. Er spricht ihre Menschlichkeit an und appelliert an ihre Vernunft, damit diese gemeinsam mit den Menschen, die ihnen tagtäglich als Feind verkauft werden, die Welt und den Verlauf der Geschichte verändern und zwar mit ganz konkreten Handlungsempfehlungen. Er weist zunächst auf die gemeinsame Trauer hin, die der Terrorismus in der westlichen und der islamischen Welt hervorruft, und ruft zugleich dazu auf, mit Verstand die Ursachen zu erforschen und zu analysieren und sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden. Er warnt sie, um des Friedens und um ihrer selbst willen nicht die bisherige kriegstreibende Ideologie des Westens, die die Hauptverantwortung für Kolonialismus, Kriege und heute auch für die Entstehung von Terrorgruppen, wie ISIS trägt, in sich aufzunehmen:

Liebe junge Menschen! Ich hoffe, dass Ihr heute oder in der Zukunft diese von List und Heimtücke verunreinigte Denkart ändert, deren Kunst darin besteht, langfristige Ziele zu verheimlichen und hinterhältige Absichten zu beschönigen. In meinen Augen besteht die erste Phase zur Herstellung von Sicherheit und Ruhe darin, diese Gewalt hervorrufende Ideologie zu korrigieren. Solange doppelzüngige Kriterien in der westlichen Politik vorherrschen und solange sich der Terrorismus in den Augen seiner mächtigen Unterstützer in einen guten und einen schlechten aufteilen lässt und solange die Interessen von Regierungen gegenüber den menschlichen und ethischen Werten den Vorzug genießen, sollte man nicht woanders nach den Wurzeln für die Gewalt suchen.

Der Imam sagt: Ändert diese Ideologie und diese Einstellung in Eurer Hemisphäre und Ihr werdet die Welt verändern! Der Imam hätte sich meiner Meinung nach nicht an die Jugend hier im Lande gewendet, wenn er keine Hoffnung oder Vertrauen darin sehen würde, dass diese Jugend dazu in der Lage ist, diese Ideologie von Innen heraus zu besiegen, ihre eigene Revolution zum Wohle der Menschheit initiieren. Im Klartext heißt das nichts anderes, als dass es Hoffnung gibt, dass z.B. die USA aufhören der Weltenunterdrücker zu sein, der sie heute sind, und dass durch das Erkennen der gemeinsamen Interessen auf absehbare Zeit Kriege und Terror in der Welt besiegt werden können. Möge diese Revolution der Herzen und der inneren Einstellungen bald eintreten.